Diese Arbeit beschreibt und analysiert die soziale und sprachliche Welt von Orchestermusikern. Am Beispiel des „Mikrokosmos“ eines Orchesters untersucht sie das Zusammenspiel von beruflich-strukturellen Bedingungen, kulturell vermittelten Orientierungen und sprachlichen Handlungsmustern. Dabei werden das notwendige Hintergrundwissen über die soziale Kategorien, Leitbilder und Kriterien für Professionalität sowie die Handlungsdispositionen von Orchestermusikern dargestellt. Elemente einer historischen Entwicklung der Institution Orchester werden ebenso wie biografische Erfahrungen der Musiker und Musikerinnen auf ihre Relevanz für die Kommunikation im Orchester hin untersucht.

Muster, Strukturen und Funktionen von Scherzkommunikation – z.B. Ironie und „Frotzeleien“ – im Orchester lassen sich angemessen nur beschreiben, indem man die Kommunikation in dieser professionellen Welt als durch strukturelle Zwänge bedingt ansieht. Sie führen auch dazu, dass es neben der verbalen Kommunikation andere Kanäle gibt – z.B. Graffiti-artige Einzeichnungen in den Notenstimmen, vor allem aber das Musizieren selbst, durch das Orchestermusiker konditionelle Relevanzen bearbeiten können.

Die theoretischen Anknüpfungspunkte sind die in der Tradition des Symbolischen Interaktionismus entwickelte Theorie der sozialen Welten und die „joking relationship“ als Struktur sozialer Beziehungen, wonach die Beteiligten Probleme und Widersprüche nur scherzhaft bearbeiten können, wenn sie nicht eine Gefährdung der Beziehung riskieren wollen. Bei den Analysen des empirischen Materials wird die Scherzhaftigkeit von Äußerungen durch Konzepte wie „Reduktion von Komplexität“ und „(Dys )Funktionalität“ bestimmt.

Die Arbeit geht auf eine Dissertation an der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld von 1988 zurück und ist in erster Auflage 1991 im Gunter Narr Verlag Tübingen in der Reihe Forschungsberichte des Instituts für deutsche Sprache (Band 67) erschienen. Das Layout der Erstauflage wurde für diese Neuauflage weitgehend übernommen, um den Seitenumbruch zu erhalten; ebenso erscheinen die Transkripte mit spezifischen Konventionen und Notenbeispielen in derselben Form wie in der Erstauflage.

Dr. Wilfried Schütte arbeitet am Institut für Deutsche Sprache in der Abteilung Pragmatik.

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